Erfahrungen von zwei verheirateten Frauen

Autorin: Franziska Jung

Die Namen der interviewten Frauen wurden aufgrund des Datenschutzes und zur Wahrung der Anonymität geändert.


Wie und wann habt ihr gemerkt, dass ihr lesbisch seid?

Celine: Eine gute Freundin gestand mir, dass sie in mich verliebt ist. Ich war erst 14 und anfangs total unsicher, aber ich fand sie auch toll, also probierten wir es einfach. Es klappte so gut, dass wir mehr als drei Jahre zusammen waren. Mit 17 Jahren probierte ich dann auch eine Beziehung mit einem Jungen, aber das klappte einfach nicht.

Paula: So langsam gemerkt habe ich es erst, als ich 18 war und ein Mädchen interessant fand, ich habe mir dabei aber nichts gedacht. Als ich zwei Jahre später zum Frauenfußball kam, hat sich alles verstärkt.

Wann habt ihr euch geoutet und was sagen eure Familien und Freunde dazu?

Celine: Vor meinen bzw. unseren Freunden war das Outing gar kein Problem. Wir waren eine große Clique und es war ganz normal. Auch im Jugendhaus gab es seitens der anderen Jugendlichen und der Erzieher volle Akzeptanz. Meiner Mum sagte ich es erstmal nicht, da wir damals einen familiären Schicksalsschlag erlitten hatten und ich wollte ihr nicht noch mehr Kummer machen.

Als ich 15 war wollten wir in den Urlaub, da kam bei mir natürlich die Sehnsucht nach meiner Freundin auf und ich wollte nicht mit, deswegen machte ich einen Aufstand. Meine Mum reagierte total cool, sagte, sie hätte sich schon gedacht, dass ich eine Freundin habe und ich bin doch ihre Tochter und die Hauptsache ist, dass ich glücklich bin. Meine Freundinnen waren auch alle wie Töchter für sie. Ich denke, dadurch dass meine Mum so cool war, war es für alle anderen in der Familie auch kein Problem. Selbst mein Opa mit damals 80 Jahren fand es normal. Einzig meine Brüder brauchten etwas Zeit, um sich daran zu gewöhnen, da halfen deren jeweilige Partnerinnen.

Paula: Mein Outing war teilweise sehr schwer. Im Freundeskreis bzw. in der Mannschaft war das Outing kein Problem, da die Hälfte der Mädchen auch lesbisch waren. Bei meiner Familie war das Outing schwierig. Meiner Mum war irgendwann klar, dass ich mich in ein Mädchen verliebt hatte. Aber es hat lange Zeit gedauert, bis sie es verdaut hatte. Ihr war immer wichtig, dass ich glücklich bin und dass ich ein gutes Verhältnis zu ihr habe. Mein Bruder kam ebenfalls damit nicht klar, aber wir hatten vorher schon kein super Verhältnis zueinander. Durch die Jahre hat sich das aber alles stabilisiert.

Wurdet ihr aufgrund eurer Sexualität angefeindet?

Celine: Ich wurde dafür nie angefeindet, auf Frauen zu stehen. Es gab nur eine Sache, die für Jugendliche besonders heftig war. Meine erste Freundin hatte sich zuhause geoutet und bekam von ihrer Mum zu hören, dass es schade ist, dass Hitler nicht mehr lebt. Er würde das nicht zulassen. Dadurch mussten wir vor ihr alles geheim halten. Aber es ging, wir hatten tolle Freunde, die uns immer unterstützt haben und durch das Jugendhaus durften wir so manches Wochenende auf Freizeiten zusammen verbringen, ohne dass ihre Mum wusste, dass ich dabei bin!

Ein anderes Problem waren die Jungs mit ihren blöden Sprüchen. Das war aber nur nervig. Von wegen „Küsst euch mal!“, „Darf ich mitmachen“ oder sowas.

Paula: Nein, angefeindet wurde ich dafür nie.

Ist es euch schwer gefallen eine Partnerin zu finden?

Celine: Eine Partnerin zu finden ist sicherlich schwerer als einen Partner zu finden. Ich hatte keine Probleme, meine erste Freundin kam ja auf mich zu. Meine zweite feste Freundin war bei meiner Cousine in der Klasse und wir lernten uns auch durch sie kennen. Meine Frau Paula lernte ich durch eine Klassenkameradin kennen. Es gibt aber mittlerweile viele Online-Plattformen und auch in größeren Städten gibt es Lokalitäten extra für Homosexuelle. Dort war ich aber nur einmal.

Paula: Nein, wir sind früher oft nach Mainz zu den Partys gefahren, wo nur Gleichgesinnte waren. Man hat einfach schnell durch Freundinnen wieder neue Partnerinnen gefunden bzw. hat es sich dann entwickelt.
Was sind alltägliche Dinge, die euch das Leben schwerer machen, die anderen vielleicht nicht auffallen?

Celine: Ganz klar schwerer ist natürlich die Familienplanung. Wenn man ein Baby möchte, muss man viele Hürden nehmen. In Deutschland haben nur heterosexuelle Paare Zugang zu den Kinder-Wunsch-Zentren. Ich glaube, es gibt eine einzige für Homosexuelle, da bin ich mir aber nicht ganz sicher. (VivaNeo Zentren in Deutschland, Ceres Kinderwunschzentrum etc. – Anmerkung der Redaktion)

Im Ausland kann man sich für viel Geld in Kliniken „behandeln“ lassen, viele geben an die 10.000 bis 15.000 Euro aus, bis sie schwanger werden. Es gibt auf der anderen Seite auch viele Männer, die einem gegen geringe Kosten helfen. Da hat man oft nur keine Garantie, dass der Mann gesund ist. Jedoch kann man gezielt nach „Yes-Spendern“ suchen, die Kontakt mit dem Kind wollen.

Was auch „schwerer“ ist, sind die Blicke, die viele einem zuwerfen oder auch die kurz zögern, wenn man sagt, dass man mit einer Frau verheiratet ist. Ein Beispiel: Wir sind zum Standesamt, um unsere Eheschließung anzumelden. Die Frau war total überfordert, stotterte und wusste kaum, was sie sagen sollte. Da noch Papiere gefehlt haben, mussten wir diese holen und kamen nach einer Stunde wieder und dann war die Frau ganz normal und konnte damit umgehen. Viele sind da einfach noch vor den Kopf gestoßen.

Paula: Bei der Kinderplanung besteht der Nachteil darin, dass die zweite Mutter einen sogenannten Antrag zur Stiefkinderadoption stellen muss. Da werden vom Jugendamt familiäre Verhältnisse und finanzielle Verhältnisse geprüft. Vor dem Gericht wird dann entschieden, ob dem Antrag stattgegeben wird oder nicht. Bei heterosexuellen Paaren ist das völlig egal, ob es der biologische Vater ist oder ein neuer Mann an der Seite der Mutter.

Ansonsten wird man natürlicher öfter schräg angeschaut, wenn man Händchen haltend durch die Stadt läuft.

Auf welche Vorurteile stoßen du und deine Partnerin?

Celine: Ein ganz großes Vorurteil für Homosexuelle ist ganz klar, dass viele sagen, es wäre keine richtige Familie. Dem Kind würden dann Mutter oder Vater fehlen. Wenn man dann an die alleinerziehenden Elternteile denkt, kommt man sich ehrlich gesagt ziemlich dumm vor. Ein Problem wird für uns sein, dass nicht direkt beide Eltern sind, sondern dass die andere Frau, wie von Paula schon erwähnt hat, einen Adoptionsantrag stellen muss, der oft sechs Monate dauern kann. Somit fällt dann auch weg, die ersten Wochen gemeinsam in Elternzeit zu gehen. Bei heterosexuellen Paaren wird der Vater einfach in die Geburtsurkunde geschrieben und gut ist.

Zudem ist der Frauenfußball ein Vorurteil. Alle, die dort spielen, werden direkt als lesbisch bezeichnet. Und Jungs, die tanzen oder als Friseur arbeiten, werden automatisch als schwul dargestellt.

Paula: Ein Vorurteil ist auch, dass lesbische Frauen wie Männer aussehen. Ich wurde auch schon mal blöd angeschaut, als ich auf der Damentoilette an einer Tankstelle war.

Wie geht ihr mit Leuten um, die euch sagen, dass sie euch wegen eurer sexuellen Orientierung nicht akzeptieren?

Celine: Auf gezielte Personen, die damit nicht umgehen können, bin ich, bis auf die Mum meiner ersten Freundin, noch nicht gestoßen. Damals haben wir das ausgeblendet und haben unsere Beziehung vor ihr verheimlicht.

Aber allgemein ist natürlich die katholische Kirche dagegen. Diese Ansichten sind total konservativ und veraltet. Obwohl die sogar Autos, Motorräder, Tiere usw. segnen!

Paula: Das hatte ich noch nicht, dass mich jemand wegen meiner sexuellen Orientierung nicht akzeptiert hat. Ich hatte nur einmal eine Anmerkung von einer Mitschülerin, dass es nicht normal sei und dass ich in eine Therapie gehen muss. Sowas ignoriert man dann einfach.

Gibt es spezielle Situationen, in denen es schwer fällt zu sagen, dass man eine andere sexuelle Orientierung hast, oder gibt es Situationen, in denen man absichtlich verschweigt, dass man lesbisch ist? Wenn ja, wieso?

Celine: Verschweigen tue ich es nicht, aber ich erzähle es auch nicht jedem. Ich bin Erzieherin und manche Eltern auf der Arbeit wissen es, manche nicht. Ich denke, es ist doch ganz normal und die anderen Erzieherinnen stellen sich ja auch nicht vor mit: „Hallo ich bin der und der und lebe in einer heterosexuellen Ehe.“  Weshalb sollte ich es tun? Wenn es jemanden interessiert, kann er fragen.

Paula: Naja, man bindet es nicht direkt jedem auf die Nase. Man muss die Person erstmal etwas besser kennen, bevor man sich vor ihr outet. Auch in der Arbeitswelt kann das ein schwieriges Thema sein. Ich hatte aber bisher keine Probleme damit. Alle respektieren mich so, wie ich bin. Manche sind sogar interessiert an dem Thema.

In welchen Situationen fühlt ihr euch besonders unwohl?

Celine: Unwohl fühle ich mich eigentlich nie. Klar, manche Blicke nerven, aber da muss man drüberstehen.

Paula: Man fühlt sich teilweise unwohl, wenn man in der Öffentlichkeit Händchen hält oder sich küsst. Die Blicke werden nicht lange auf sich warten lassen.

Habt ihr Ratschläge oder etwas, was ihr anderen mit auf den Weg geben möchtet?

Celine: Seid immer ihr selbst, egal was andere sagen! Es ist euer Leben und ihr müsst euch wohlfühlen.

Paula: Bleibt euch selbst immer treu und überlegt euch, ob ihr euch outen möchtet. Aber nach einem Outing fühlt ihr euch befreiter und man muss sich nicht mehr verstecken. Als Elternteil sollte man die Kinder so akzeptieren, wie sie sind, und sie auch bei allem unterstützen!

Was wünscht ihr euch für die Zukunft?

Celine: Ganz klar, dass es noch normaler wird, homosexuell zu sein. Auch mehr Unterstützung bei einem Kinderwunsch, und dass ein Kind von Geburt an zwei eingetragene Mütter / Väter haben kann – mit allen Rechten und Pflichten!

Paula: Ich wünsche mir für die Zukunft, dass die Gesellschaft sich so entwickelt, dass es einfach normal sein wird. Außerdem sollte die Gesetzgebung endlich mal Gleichheit herstellen zwischen Homosexuellen und Heterosexuellen. Die Ehe für alle war ein Kraftakt in den Parteien, aber das war nur der Anfang. Das Abstammungsrecht dürfte auch keine Unterschiede mehr aufzeigen. Leider ist die CDU immer noch dagegen und deswegen wird das wahrscheinlich auch noch ein paar Jahre dauern.